Das Ereignis des Reichsdeputationshauptschlusses zu Regensburg am 25. Februar 1803 jährt sich bald zum 200. Male und gibt Anlass, an diese denkwürdige Umbruchszeit zu erinnern. Das geschieht derzeit landesweit unter Projektleitung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe gemeinsam mit der NRW-Stiftung gemäß dem Motto "Vom Krummstab zum Adler - Säkularisation in Westfalen 1803 - 2003". In der Tat veränderte seinerzeit das folgenreichste Gesetz, das der Reichstag je verabschiedet hatte, binnen weniger Jahre die seit dem Mittelalter gewachsenen territorialen Verhältnisse und leitete die Auflösung des über tausendjährigen Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation ein. Im Rahmen der Gütersäkularisation wurde das Vermögen der Bistümer, der Domkapitel, der kirchlichen Kollegien, Klöster und Stifte eingezogen und dem jeweiligen Landesherrn zur Disposition überlassen. In Nassau-Siegen traf es Stift Keppel als einzige der bis dahin noch überdauerten monastischen Gründungen unserer Region.

Bereits 1773 hatte man dem Prinzen von Oranien, Wilhelm V., nahegelegt, die Verfassung dieses Stiftes im Sinne einer nützlicheren Verwendung zu ändern. Hiernach schien es am zweckmäßigsten zu sein, den Konvent des freiweltlichen Damenstifts aufzuheben. Da bereits zu dieser Zeit die Familien des siegerländer Landadels gänzlich ausgestorben waren und die ausscheidenden Stiftsdamen meist aus landfremden Geschlechtern ergänzt werden mussten, bestand ohnehin kein sonderliches Interesse mehr für den Nassauischen Landesherrn, ein solches Institut zu erhalten. Die Aufnahme adliger und bürgerlicher Witwen und Töchter verdienter Beamten wurde erwogen, der Plan, wie ehedem eine "Frauenzimmerschule" einzurichten, kam erneut ins Gespräch. Schließlich einigte man sich darauf, dem Fürsten vorzuschlagen, den Konvent durch stillschweigendes Nichtbesetzen der Präbenden allmählich aufzulösen. Die Stiftsdamen, so galt die Empfehlung, seien durch Zulagen und Gnadenbezeugungen in Ruhe zu halten und durch aushäusigen Urlaub, der beliebig lang zu gewähren sei, dem Stift zu entfremden. Der Prinz folgte jedoch keinem der Vorschläge, mochte vielmehr eine gründliche Änderung auf günstigere Zeiten verschieben, wiewohl auch er von dem derzeitig für Staat und Kirche gleich "unnützen" Zustande der Keppelschen Stiftung sowie seiner landesherrlichen Dispositionsbefugnis überzeugt war.
1804, gut ein Jahr nach Verkündigung des Reichsdeputationshauptschlusses, besann sich die Nassauische Regierung wieder auf die bereits 1773 vorgelegte Denkschrift. Doch erneut lehnte der Landesherr die Empfehlung ab und erklärte: "Was die von Euch angetragene allmählige Aufhebung des Stifts Keppel betrifft, so werden Wir während Unserer Lebzeiten uns nie entschließen, in der Bestimmung dieses Fonds eine Abänderung zu treffen, indem wir zur Säcularisation keineswegs geneigt sind". Am 9. April 1806 verstarb Wilhelm V. Sein Sohn und Nachfolger, Prinz Friedrich Wilhelm, regierte zunächst nur noch ein Vierteljahr bis zum 11. Juli 1806. Dann wurde er durch die Rheinbundakte abgesetzt. Das gesamte Siegerland wurde dem von Napoleon gebildeten Großherzogtum Berg einverleibt. Regierungssitz war Düsseldorf, das Departement Sieg wurde von Dillenburg aus verwaltet. Stift Keppel gehörte zum Kanton Netphen dieses Departements.

Noch einmal wandte sich 1807 der Provinzialrat Graf von Borke, der seinerzeit dem Departement Sieg vorstand, mit dem Vorschlag an den Minister des Innern der Großherzoglichen Regierung in Düsseldorf, den Grafen von Nesselrode, das Stift endlich zu säkularisieren. Auch hierauf erfolgte keine Reaktion. Im Gegenteil, das bergische Innenministerium zwang dem Konvent nach dem Ableben der bisherigen Stiftsvorsteherin Marianne von Donop († 19. Dezember 1806) die Einsetzung einer weiteren Äbtissin auf. Als am 29. Juli 1808 in Siegen eine französische Marquise de Meslé eintraf, hatte man im Stift noch keinerlei Kenntnis von ihrer Ernennung zur Äbtissin. Von jener Isabelle Marquise de Meslé, 1761 in Paris als Tochter des Victor Marquis de Meslé, Herr von Chazeu und Laisy, und seiner Gemahlin Marianne Freiin von Schilden aus dem Hause Hamm geboren, war wohl bekannt, dass sie 1789 auf ihr eigenes Ansuchen hin vom Prinzen von Oranien die Genehmigung erhalten hatte, den Titel einer Stift Keppelischen Kapitularin führen und deren Ordenszeichen tragen zu dürfen, ohne jedoch in solcher Eigenschaft in das Stift aufgenommen zu werden. Die genannten Vergünstigungen waren ihr nur gegen Ausstellung eines förmlichen Reverses gestattet worden, dass sie aus der Gewährung nie einen Anspruch auf eine wirkliche Präbende im Stift herleiten sollte. Dass ausgerechnet eine, die "bloß als Chanoinesse Supernuméraire" den Stiftstitel trug, befugt sein sollte, das Amt der Äbtissin einzunehmen, war dem Konvent der altgedienten Stiftsdamen nur gegen erheblichen Widerstand beizubringen, zumal die Marquise in Keppel eintraf und zu logieren beanspruchte, bevor das Ernennungsdekret eingetroffen war. Die Post brauchte damals halt etwas länger, vor allem wenn das Schreiben in Madrid aufgegeben worden war, wo es am 11. Juni 1808 Napoleons Schwager "Joachim [Murat], par la grace de Dieu, Grand-Duc de Berg, Prince et Grand-Admiral de France" unterschrieben hatte. An der Ernennung muss der Graf von Nesselrode nicht unmaßgeblich beteiligt gewesen, der in verwandtschaftlicher Beziehung zu Isabella Marquise de Meslé stand.
Der Versuch einer Gegenvorstellung des Grafen von Borcke in Dillenburg wurde ungnädig aufgenommen. Auch der Großherzoglich Bergische Finanzminister Graf Beugnot zeigte auffälliges Interesse an der Verfassung des Stifts, ebenfalls mit dem Hintergedanken möglicher Versorgung nahestehender Persönlichkeiten. So schien die Bergische Regierung bis dahin eine Säkularisierung Keppels noch gar nicht vorgesehen zu haben. Noch am 11. August 1808 erteilte Graf von Nesselrode dem Provinzialrat in Dillenburg die Genehmigung von Pachtverträgen mit Rechtsgültigkeit für kommende sechs Jahre "in Erwägung, daß das Stift Keppel seine zeitherige Verfassung behalten wird".

Erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1809 trat die Domänenverwaltung des Sieg-Departements mit dem Verlangen nach genaueren Bestandsaufnahmen und Etats an die Stiftsverwaltung heran. Die mögliche Absicht, Stift Keppel in den Domänenbesitz zu überführen, zeichnete sich ab. Am 4. August 1810 ordnete der Kaiserliche Commissair und Großherzoglich Bergische Finanzminister Graf Beugnot schließlich an, die Verwaltung der Stiftseinkünfte dem Domänendirektor des Sieg-Departements Gericke in Dillenburg zu unterstellen. Die wirkliche Vereinigung der Güter und Einkünfte des Stiftes Keppel wurde durch einen Erlass Beugnots vom 2. Juli 1811 verfügt, ebenso die Inventarisation sämtlicher Immobilien und Mobilien des Stifts, wonach letztere bei einer öffentlichen Versteigerung an den Meistbietenden veräußert werden sollten. Den Mitgliedern des Stiftskonvents wurden jährliche Pensionen zugesichert. Jene Marquise de Meslé, letzte dem Stift aufoktroyierte Äbtissin, erhielt mit Rücksicht auf die ungünstigen Verhältnisse ihrer alten Mutter eine Pension von 570 Gulden aus den Stiftsrevenüen und residierte noch bis etwa 1819 in Keppel. Danach siedelte sie nach Düsseldorf über, wo sie am 8. April 1820 verstarb.