Fachunterricht Religion
„Religionsunterricht erschließt die religiöse Dimension der Wirklichkeit und des Lebens und trägt zur religiösen Bildung der Schülerinnen und Schüler bei.“ (Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen [Hrsg.], Kernlehrplan für die Sekundarstufe I. Gymnasium in Nordrhein-Westfalen. Katholische Religionslehre, S. 8)
Bei der Umsetzung dieses Anliegens arbeiten die Fachkonferenzen katholische und evangelische Religion eng zusammen. In gemeinsamen Sitzungen werden die Lehrpläne weitgehend aufeinander abgestimmt, wobei auch die konfessionelle Bindung von Lehre, Lernenden und Lehrenden gewahrt bleibt. Es kommt zu Absprachen über fächerverbindenden Unterricht, zur Durchführung ökumenischer Gottesdienste und religiöser Studientage, Austausch von Unterrichtsmaterialien u.v.m.
Am Religionsunterricht nehmen getaufte und ungetaufte Kinder und Jugendliche teil, gelegentlich Schüler:innen anderer religiöser Prägung. In der Regel werden aus drei Klassen einer Jahrgangsstufe zwei Gruppen mit evangelischem Religionsunterricht und eine mit katholischem Religionsunterricht gebildet. Da z.Zt. jedoch katholische Lehrkräfte fehlen, findet in den Klassen 5 und 6 der Religionsunterricht konfessionsübergreifend nach einem eigens für diesen Unterricht entwickelten Hauscurriculum statt. Schüler:innen, Eltern und Lehrer:innen sehen in dieser Regelung nicht nur eine „Notlösung“, sondern auch eine Bereicherung für den Unterricht der Erprobungsstufe.
In der Oberstufe findet der evangelische und katholische Religionsunterricht meist in konfessionellen Lerngruppen statt. Durch die Stellensituation ist dies jedoch nicht immer möglich. Daher werden evangelische und katholische Schüler:innen manchmal gemeinsam unterrichtet. Der Religionsunterricht ist jedes Jahr auch als Abiturfach, schriftlich oder mündlich, vertreten. Melden sich Schüler:innen aus Gewissensgründen vom Religionsunterricht, der als ordentliches Lehrfach Pflichtfach ist, ab, so nehmen sie in der Jgst. 10 am Unterricht "Praktische Philosophie" teil. In der Sek. II müssen Schüler:innen, die sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben, bis zum Ende der Jahrgangsstufe 13 am Philosophieunterricht teilnehmen. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass alle Schüler:innen sich Sinn- und Wertfragen stellen.
Seit vielen Jahren beteiligt sich der Religionsunterricht auch an fächerverbindenden Projekten, die zum großen Teil im Schulprogramm verankert sind. Die Überschneidungen mit anderen Fächern spiegeln sich auch in den Themen des Curriculums wieder. Traditionell sind die Überschneidungen zwischen Geschichte und Religionslehre, z.B. in den Themen „Reformation“, „Kirche und Nationalsozialismus“, „Leben im Kloster“ oder „Christenverfolgung im römischen Reich“, besonders spürbar. Aber auch zu Fächern wie Sozialwissenschaften/Politik, Kunst, Musik, Biologie und Deutsch bestehen Verbindungen inhaltlicher wie methodischer Natur.
In einer religiösen Studienwoche in der Jahrgangsstufe Q1 stärken die Jugendlichen ihre Selbst- und Sozialkompetenz. Diese Besinnungstage werden dabei von externen Trägern durchgeführt. Dieser geschützte Raum bietet in besonderem Maße die Chance zu eigenständiger und reflektierter Persönlichkeitsentwicklung außerhalb von schulischem Leistungsdruck.
Im Religionsunterrichts dienen schon seit jeher kooperative Unterrichts-, Lern- und Arbeitsformen, die auch in den Fachkonferenzen beraten und abgesprochen werden, dem abwechslungsreichen Arbeiten. Im Rahmen verschiedener Konzepte der Schule leistet das Fach auch hier einen Beitrag, etwa hinsichtlich der Methodenkompetenz, der Medienkompetenz, der Berufsbildung oder der ökologischen Bildung. Diese sind im Curriculum an verschiedenen Themenfeldern verankert.
Ursprung der religiösen Tradition
In besonderer Weise trägt das Fach Religionslehre zum Schulleben bei. Stift Keppel hat nicht nur – neben vielem anderen – eine religiöse Tradition, sondern es hat in ihr seinen Ursprung, deshalb nimmt dieser Erziehungsauftrag einen besonderen Stellenwert ein. Auf Grund der Geschichte des Stifts, das vor über 750 Jahren als Prämonstratenserinnen-Kloster gegründet und nach der Reformation als freiweltliches Stift evangelischer Prägung fortgeführt wurde und seit 1655 bald über 150 Jahre simultan verfasst war, d.h. zwei Konfessionen im Konvent vereinigte, ist die religiöse Tradition bis auf den heutigen Tag gegenwärtig geblieben. Die Stiftskirche ist ein Zeugnis dieser Zeit.
Im Geist der Reformation unterrichteten die Stiftsdamen in Keppel bereits im 16. Jahrhundert Töchter des Adels und der gebildeten Stände. Das über die Grenzen Nassaus in großem Ansehen stehende Collegium virginum nobilium hatte bis zum Dreißigjährigen Krieg Bestand. Auch als nach der Säkularisation im 19. Jahrhundert in den Stiftsgebäuden erneut eine Bildungsstätte eingerichtet wurde, die unsere neuere, heute bald 130-jährige Schultradition in Keppel begründete, schenkte die Schirmherrin Königin Elisabeth von Preußen als Ausdruck religiöser Leitgebung den Lehrkräften und Schülerinnen Keppels eine Bibel mit der Widmung: Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. (Mt 24,35)
Außer einer katholischen Missionspfarrei ging zu dieser Zeit auch eine evangelische Anstaltskirchengemeinde aus der Stiftskirche hervor. Das Stift unterhielt einen eigenen evangelischen Pastor, der für Seelsorge und Unterricht zuständig war. Während sich die katholische Gemeinde 1900 in einer gesonderten Pfarrkirche unweit des Stiftes in Dahlbruch etablierte, entwickelte sich auf evangelischer Seite die in der Stiftskirche verbliebene Anstaltsgemeinde zu einer eigenständigen Parochialgemeinde. 1975 wurde sie aufgelöst und als Bezirk in die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Hilchenbach integriert. Heute werden in der Stiftskirche keine Gottesdienste der Kirchengemeinde durchgeführt. Für das Stift bleibt die Stiftskirche allerdings immer noch ein Erkennungszeichen und taucht auch im Logo der Schule auf.
2021 feiert die Schule ihr 150. Jubiläum – pandemiebedingt leider nur in kleinem Rahmen – im Bestehen der Keppelschen Schul- und Erziehungsanstalt, aus der das Gymnasium hervorgegangen ist. Mit Blick auf die Tradition und Lage des Gymnasiums lautet das Motto: „Wir.Hier.Draußen.“ Dies trägt auch der religiösen Tradition des Stifts Rechnung, so verwirklicht sich im ökologischen Anteil des Mottos auch die Überlegung, Gottes Schöpfung zu bewahren und zu pflegen. Dies geschieht im Rahmen der stift‘schen Wiesen, dem Pflanzen zahlreicher Apfelbäume durch die Schülergenossenschaft „Keppels Früchtchen“, dem Bau von Elektroladesäulen für E-Autos oder im Rahmen des Projekts „Zukunftswald“.
Religiös geprägte Veranstaltungen
- Das Adventskonzert in der Stiftskirche, gestaltet durch Chor, Orchester und Solisten der Schule, spiegelt mit Programm und Aufführungsort die religiöse Ausrichtung wider.
- An Stift Keppels Internatsvergangenheit knüpft die gemeindliche Einbindung des vokalpraktischen Kurses der Schule zur musikalischen Mitgestaltung des Gottesdienstes am 1. Adventsonntag in der Stiftskirche an.
- Der traditionelle adventliche Lichtergang in Stift Keppel am letzten Tag vor den Weihnachtsferien nimmt seinen Ausgang in der Stiftskirche. Sie ist Unterrichts- und Anschauungsort für die Schüler, nicht nur für den Religionsunterricht, sondern auch für die Fächer Geschichte und Musik.
Ingo Spieß, November 2022
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