Einen eigenen Beitrag zum Siegener Kunsttag und der Schülerausstellung im Museum für Gegenwartskunst lieferte der Grundkurs Kunst des Gymnasiums Stift Keppel. Das Briefing dazu, mit dem Kursleiter Dr. Dietrich die Teilnehmer auf die Suche geschickt hatte, liest sich zunächst ziemlich einfach: Gestalte ein dreidimensionales Objekt, das aus einem Buch herzustellen ist und/oder ein Buch darstellt oder eine als Buch erkennbare Form enthält. Kurz: Gestalte ein Buchobjekt!
Dann aber geht es doch nicht ohne ein paar weitere Gedanken; Ausgangspunkt konnte ein reales Buch sein, musste aber nicht. Falls ja, beginnt bereits mit der Auswahl der Produktionsprozess: ist es ein Buch aus dem eigenen Besitz? Eins aus der Kindheit? Das man liebt? Das man hasst? Oder stellt man ein eigenes Buch her? Ist es bloß etwas „Buchhaftes“, das dabei entsteht? Und was daran ist „buchhaft“?? …
Es entstand auf diese Weise eine große Bandbreite ganz unterschiedlicher Zugriffe auf das Thema: einige sehen ab vom Text, der darin transportiert wird, und erzeugen durch Falten, Knicken und Auffächern spannende Formen, so bei Melissa Zechel oder Lars Stötzel. Lesen als (lustbetonte!) Tätigkeit und Erfahrung bildete den Anlass für manche Transformationen, in denen entweder der Ort (das Lesesofa von Svenja Boos oder der Bücherschrank von Marco Born) oder das Ereignis – Phantasiereise, Verwandlung und das „Abtauchen“ – des Lesens eine Rolle spielen: das Buch wird Blume (Swenja Vollpracht), Landschaft (Cecile Bourgoignie), Brücke (Nele Wagener) oder Vogelschwarm (Gizem Dursun). Bücher werden (stark vereinfacht) aus Bäumen gemacht, und diese Beziehung wird poetisch ins Bild gesetzt und überhöht: Sarah Nuhn pflanzt in ihr Buch einen lebendigen Ahorn, Lisa Tersteegen schneidet in die Seiten die Silhouetten eines undurchdringlichen Urwalds. Und dass das Buch auch ein Medium (politischer) Vernunft sein kann, reflektieren Arbeiten wie die von Tino Auffenberg („free your mind“) oder von Marlon Pfeiffer, der das Buch des Bücherverbrenners Hitler seinerseits verbrennt. Ziemlich abgedreht dagegen der einzige Filmbeitrag zum Thema: in Jan Willes dramatisch vertontem Splatter-Movie wird ein harmloses blondes Deutschbuch das Opfer eines Amoks laufenden Physikbuches. Unbedingt sehenswert, fanden auch die Besucher im Siegener Museum für Gegenwartskunst.
Auch die Klasse 5a war mit Frau Schwarz beim Siegener Kunsttag dabei. Das Thema Bücher und Lesen begeisterte die (meisten) Schüler*innen sehr und so wurde die Idee Miniatur-Leseecken zu basteln mit viel Elan aufgenommen und kreativ umgesetzt. Nachdem man Bilder besonders aufwendig eingerichteter Leseräume angesehen hatte und eine Menge eigener Ideen gesammelt worden waren, ging es ans Werk. Die Mixed-Media-Objekte entstanden auf der Grundlage eines aufgeschlagenen Buches, die so entstehende ‚Ecke‘ wurde bemalt, beklebt und anschliessend mit selbstgebastelten Möbeln bestückt. Sofas, Sessel, Bücherregale, Teppiche, Leselampen, Kissen und sogar erhöhte Ebenen mit weiteren Büchern füllten die Räume. Gemütliche Mini-Bibliotheken waren das Ergebnis, in denen sich jeder gern zum Schmökern niederlassen würde. Die Präsentation im Museum für Gegenwartskunst wurde vom Publikum begeistert betrachtet und kommentiert, viele Erwachsene und Kinder brachten ihre Freude über die schön gestalteten Illusionsräume zu Ausdruck.
Die Schülerinnen der Klasse 9c erzählen von der Verwirklichung ihres Projektes für den Kunsttag:
Von Büchern und von Bibliotheken geht eine große Faszination aus. „Das Buch ist Alter Ego des visuellen Kunstwerks, dessen Informationen ganz anders organisiert sind.", heißt es auf der Webseite des Siegener Museum für Gegenwartskunst. Auf den ersten Blick gar nicht so schwer. Aber wenn es so viele Möglichkeiten gibt, muss man sich entscheiden, also haben wir uns in unserer Gruppe zuerst überlegt, was das Faszinierendste an Büchern ist. Ein Punkt, bei dem wir uns alle einig waren war, wie mitreißend Bücher sind. Beim Lesen erschafft die Fantasie ganze Welten aus den Gedanken anderer Menschen. Damit war uns bereits klar, was wir darstellen wollten.
Die nächste Frage tat sich auf: Wie stellen wir es dar? Wir haben uns letztendlich für ein Video entschieden, um das ‚Kopfkino’ zu zeigen, also die Bilder, die beim Lesen einer Geschichte entstehen. Um mehr Ideen umsetzen zu können, haben wir statt einem gleich neun Bücher dargestellt. Wir fingen chronologisch mit einem Klassiker an - Romeo und Julia. Als Endpunkt nahmen wir ein Buch, das erst vor kurzem heraus gebracht wurde, um so nahe an der Gegenwart zu enden, wie möglich. Außerdem war es mit dem Namen 'One Exit' der perfekte Ausgang aus der Welt der Bücher. Außerdem haben wir mit zwei Videoausschnitten vor und nach den Büchern noch eine weitere Message übermitteln wollen. Die Leserin ändert ihre Meinung durch das Lesen. Anfangs fand sie das Lesen langweilig, aber nachdem sie sich doch ein Buch aus dem Regal nahm, wollte sie gar nicht mehr aufhören.
Durch viel spontane Schauspielerei haben wir eine grobe Idee bekommen, was wir machen wollten. Über mehrere Tage haben wir Storyboards gezeichnet, Texte geschrieben, Outfits entworfen, Make-up Looks kreiert und Drehorte gesucht. Das machte uns wohl die meiste Arbeit. Dafür hatten wir aber einen klaren Plan für jeden Drehtag. Zwei Wochen später war das Video dann nur noch zu schneiden.
Wir alle waren froh, als das Video fertig war, aber wenn man sein Projekt dann letztendlich im Museum sieht, merkt man, dass sich die tagelange Arbeit gelohnt hat.